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Hüpfen, spiegeln und drehen: eine rekursiven Funktion

Die natürlichen Zahlen haben seit jeher Mathematiker inspiriert, neue Strukturen, Muster und Beziehungen zu entdecken. In dieser Arbeit betrachten wir eine rekursiv definierte Funktion, die im Ursprung startet und um 1 nach rechts hüpfen oder sich an der x-Achse spiegelt um sich danach 90° nach Links zu drehen. Trotz dieser Einfachheit offenbaren sich ungeahnte Eigenschaften und Muster. $\newcommand{\i}{\mathrm{i}}$ $\newcommand{\g}[1]{g\left(#1\right)}$ $\newcommand{\Re}[1]{\mathfrak{R}\left(#1\right)}$ $\newcommand{\Im}[1]{\mathfrak{I}\left(#1\right)}$ $\newcommand{\G}[1]{G\left(#1\right)}$ $\newcommand{\abs}[1]{\left\lvert#1\right\rvert}$ $\newcommand{\d}[1]{\delta\left(#1\right)}$ $\newcommand{\s}[1]{\sigma\left(#1\right)}$

Definition

Sei $g : \mathbb{N}_0 \to \mathbb{N}_0[\i]$ eine rekursiv definierte Funktion:

$$\g{n} := \begin{cases} 0 + 0\i & \text{wenn } n=0 \\ \g{n-1} + 1 & \text{wenn } n \text{ ungerade} \\ \overline{ \g{\frac{n}{2}} } \cdot \i & \text{wenn } n \text{ gerade} \end{cases} $$

Der Gaußscher Zahlenring $\mathbb{Z}[\i]$ ist eine Verallgemeinerung der ganzen Zahlen und entsteht aus dem Ring $\mathbb{Z}$ durch Adjunktion der imaginären Einheit $\i$. Die gaußschen Zahlen sind die Punkte mit ganzzahligen Koordinaten in der gaußschen Zahlenebene und bilden dort ein zweidimensionales Gitter. Da die Funktion $\g{x}$ die Menge $\mathbb{N}_0$ in nichtleere paarweise disjunkte Teilmengen zerlegt, kann das Gitter auch als Partition aufgefasst werden.

Für später definieren wir uns:

$$\G{z} := \{n \in \mathbb{N}_0 | \g{n} = z\}$$

$$L_i := \{n \in \mathbb{N}_0 | i=\delta(\g{n})\}$$

$$\d{z} = \Re{z} - \Im{z}$$

$$\s{z} = \Re{z} + \Im{z}$$

$$\max\{z\} = \max\{|\Re{z}|, |\Im{z}|\}$$

$$\min\{z\} = \min\{|\Re{z}|, |\Im{z}|\}$$

Rechenbeispiele

Berechnung der Werte von $\g{n}$ für $n \in [1,6]$:

$\g{1} = \g{1 - 1} + 1 = \g{0} + 1 = 0 + 1 = 1$

$\g{2} = \overline{\g{\frac{2}{2}}} \cdot \i = \overline{\g{1}} \cdot \i = \overline{1} \cdot \i = 1 \cdot \i = \i$

$\g{3} = \g{2} + 1 = \i + 1 = 1 + \i$

$\g{4} = \overline{\g{2}} \cdot \i = \overline{\i} \cdot \i = -\i \cdot \i = 1 $

$\g{5} = \g{4} + 1 = 1 + 1 = 2$

$\g{6} = \overline{\g{3}} \cdot \i = \overline{1 + \i} \cdot \i = (1 - \i) \cdot \i = \i - \i^2 = \i + 1 = 1 + \i$

Bemerkung

Wir sehen das $\g{2} + \g{1} = \g{3}$ ist und auch $\g{6} = \g{3}$ gilt. Somit kann die Funktion weder injektiv noch bijektiv sein. Außerdem sieht man an den zwei Beispielen, das die Formeln $\g{n} + \g{m} = \g{n + m}$ und $\g{2n} = \g{n}$ gelten können. Da aber $\g{2} + \g{3} \neq \g{5}$ und $\g{2} \neq \g{1}$ ist, gelten diese Formeln nicht allgemein.

bewiesene Aussagen

$4n \mapsto n$

$$ \g{4n} = \g{2 \cdot 2n} = \overline{\g{2n}} \cdot \i = \overline{\overline{\g{n}} \cdot \i} \cdot \i = \overline{\overline{\g{n}}} \cdot \overline{\i} \cdot \i = \g{n} \cdot (-\i) \cdot \i = \g{n} $$

$4n + 1 \mapsto g(n) + 1$

$$ \g{4n + 1} = \g{4n} + 1 = \g{n} + 1 $$

$4n + 2 \mapsto g(n) + \i$

$$ \g{4n + 2} = \g{2 \cdot (2n + 1)} = \overline{\g{2n + 1}} \cdot \i = \overline{\g{2n} + 1} \cdot \i = \overline{\overline{\g{n}}\i + 1} \cdot \i \\ = (\g{n}\overline{\i} + 1) \cdot \i = (\g{n}(-\i) + 1) \cdot \i = \g{n} + \i $$

$4n + 3 \mapsto g(n) + 1 + \i$

$$ \g{4n + 3} = \g{4n + 2} + 1 = \g{n} + \i + 1 = \g{n} + 1 + \i $$

$4^k \cdot n \mapsto n$

Zu zeigen ist, dass $g(4^k \cdot n) = g(n)$ für $k \geq 0$ gilt, wobei $n \in \mathbb{N}$ fest bleibt.

Induktionsanfang

Für $k = 0$ gilt $4^0 \cdot n = n$. Dann ist: $$ g(4^0 \cdot n) = g(n), $$

Induktionsvoraussetzung

Angenommen, die Aussage gilt für ein beliebiges $k \geq 0$, d.h.: $$ g(4^k \cdot n) = g(n). $$

Induktionsschritt

Zu zeigen: $g(4^{k+1} \cdot n) = g(n)$.

Wir schreiben $4^{k+1} \cdot n$ als $4 \cdot (4^k \cdot n)$. Dann gilt: $$ g(4^{k+1} \cdot n) = g(4 \cdot (4^k \cdot n)) = g(4^k \cdot n). $$

Nach der Induktionsvoraussetzung gilt: $$ g(4^k \cdot n) = g(n). $$

Also folgt: $$ g(4^{k+1} \cdot n) = g(n). $$

Induktionsschluss

Damit ist die Behauptung für alle \( k \geq 0 \) bewiesen: $$ g(4^k \cdot n) = g(n). $$

Für den Spezialfall $n=1$ ergibt sich somit: $\g{4^k} = 1$.

$4^k n - 1 \mapsto g(n-1) + k \cdot g(3)$

Wir beweisen die Aussage mit vollständiger Induktion über $k$, wobei $n \in \mathbb{N}$ fest bleibt. Zu beachten ist, das in dieser Formel $n=0$ nicht erlaubt ist, da $-1$ kein Element der Definitionsmenge von $\g{n}$ ist.

Induktionsanfang

Für \( k = 0 \) ergibt sich: $$ g(4^0 \cdot n - 1) = g(n-1) = g(n-1) + 0 \cdot g(3). $$

Induktionsvoraussetzung

Angenommen, die Formel gilt für ein \( k \in \mathbb{N}_0 \), d.h.: $$ g(4^k \cdot n - 1) = g(n-1) + k \cdot g(3). $$

Induktionsschritt

Zu zeigen ist, dass die Formel auch für \( k+1 \) gilt: $$ g(4^{k+1} \cdot n - 1) = g(n-1) + (k+1) \cdot g(3). $$

Mit Hilfe schon bewiesener Vereinfachungen der Funktion $g$ ergibt sich: $$ g(4^{k+1} \cdot n - 1) = g(4 \cdot (4^k \cdot n - 1) + 3) = g(4^k \cdot n - 1) + g(3). $$

Setzen wir die Induktionsvoraussetzung ein: $$ g(4^{k+1} \cdot n - 1) = g(n-1) + k \cdot g(3) + g(3) = g(n-1) + (k+1) \cdot g(3). $$

Schlussfolgerung

Die Formel $$ g(4^k \cdot n - 1) = g(n-1) + k \cdot g(3) $$ wurde durch vollständige Induktion über $k$ bewiesen. Für den Spezialfall $n=1$ ergibt sich somit: $$\g{4^k - 1} = \g{1 - 1} + k \cdot \g{3} = k \cdot \g{3}$$

$\frac{4^k - 1}{3} \mapsto k$

Vorab stellt sich die Frage, ob $4^k - 1$ immer ganzzahlig durch $3$ teilbar ist und somit der übergebene Funktionswert ein Element aus $\mathbb{N}_0$ ist.

Für $k \geq 0$ ist $4^k−1$ immer durch $3$ teilbar. Dies liegt daran, dass $4 \equiv 1 \mod  3$ ist, also gilt:

$$ 4^k \equiv 1^k \equiv 1 \mod 3 $$

Daraus folgt:

$$ 4^k−1 \equiv 0 \mod  3 $$

Somit ist der übergebene Funktionswert teil der Definitionsmenge.

Zu zeigen: Für alle $k \in \mathbb{N}_0$ gilt: $$ g\left(\frac{4^k - 1}{3}\right) = k $$

Induktionsanfang:

Für $k = 0$ gilt:

$$ \g{\frac{4^0 - 1}{3}} = \g{\frac{1 - 1}{3}} = g(0) = 0 $$

Induktionsschritt:

Angenommen, die Behauptung gilt für ein beliebiges $k \in \mathbb{N}_0$, das heißt:

$$ \g{\frac{4^k - 1}{3}} = k $$

Zu zeigen ist, dass die Behauptung auch für $k+1$ gilt, also:

$$ \g{\frac{4^{k+1} - 1}{3}} = k + 1 $$

Berechnen wir den Ausdruck:

$$ \g{\frac{4^{k+1} - 1}{3}} = \g{\frac{4 \cdot 4^k - 4 + 4 - 1}{3}} = \g{4 \cdot \frac{4^k - 1}{3} + 1} = \g{\frac{4^k - 1}{3}} + 1 $$

Setzen wir nun die Induktionsannahme ein, erhalten wir:

$$ \g{\frac{4^{k+1} - 1}{3}} = k + 1 $$

Schlussfolgerung:

Da der Induktionsanfang gezeigt wurde und der Induktionsschritt die Gültigkeit für $k+1$ beweist, folgt durch vollständige Induktion: $$ g\left(\frac{4^k - 1}{3}\right) = k \quad \text{für alle } k \in \mathbb{N}_0. $$

Es ergibt sich weiterhin:

$$\g{2\frac{4^k - 1}{3}} = \overline{ \g{\frac{4^k - 1}{3}} }\cdot\i = \overline{k} \cdot \i = k\cdot\i$$

unbewiesene Vermutungen

Für $m\in {0,1,2}$ gilt:

$$\g{3n + m} = z \Rightarrow \d{z} \equiv m \mod 3$$

Zwar ist die Funktion surjektiv, aber es gibt immer eine kleinste Zahl n die zu einer gaußschen Zahl führt.

$$\min\{\G{z}\} = \frac{4^{\Re{z}} + 2 \cdot 4^{\Im{z}}}{3} - 1$$

Die Punkte die durch $\g{0}$ bis $\g{3}$ beschrieben werden ergeben ein gespiegeltes Z.

Die gilt auch für $\g{4}$ bis $\g{7}$, $\g{8}$ bis $\g{11}$ und $\g{12}$ bis $\g{15}$. Wenn man jedes Quadrupel als eine Einheit betrachte bilden diese 4 ebenfalls ein gespiegeltes Z. Diese Struktur setzt sich fraktal fort.

Für jedes $\g{k}$ existiert mindestens ein Paar $n + m = k$, sodass $\g{k} = \g{n + m}$. Dies funktioniert immer wenn $\g{n}$ nur einen Realteil und $\g{m}$ nur einen Imaginärteil hat. Die funktioniert auch wenn $n=4^k \cdot l$ und $m<4^k$ ist.

$$n, m \leq 4^k-1 \Rightarrow \max\{\g{n+m}\} \leq k+1$$

Wenn $\Re{\g{n}} = 0$ ist $n$ gerade. Der Umkehrschluss gilt nicht.

Interessanter wird es wenn man nur die ungeraden Zahlen nimmt

Wenn $n$ ungerade, dann gilt:

$$ \s{\g{n}} \geq \max\{\g{3n+1}\} $$

Für alle $z \neq 0$ gilt $\abs{\G{z}}=\infty$

Wenn man die Menge auf $4^k-1$ begrenzt, dann ist die Mächtigkeit der Mengen

$$\abs{\G{z}}=\binom{k}{\Re{z}} \cdot \binom{k}{\Im{z}}$$ $$\abs{\G{0}}=\binom{k}{0} \cdot \binom{k}{0}=1$$

$$ \s{g(2n+1)} \geq \s{g(2n+2)}\\ \d{g(2n+2)}= \begin{cases} \d{g(2n+1)}-2\\ \d{g(2n+1)}+1 \end{cases} $$

$$ \g{\frac{4^n + 2 \cdot 4^m}{3} - 1} = n + m\i $$ Für $m=n$ gilt: $$ \g{\frac{4^n + 2 \cdot 4^n}{3} - 1} = \g{4^n\frac{1 + 2}{3} - 1} = \g{1 - 1} + n \cdot \g{3} = n + n\i= n + m\i $$

Für $n<m$ gilt: $$ \g{\frac{4^n + 2 \cdot 4^m}{3} - 1} = \g{4^n\frac{1 + 2 \cdot 4^{m-n}}{3} - 1} = \g{\frac{1 + 2 \cdot 4^{m-n}}{3} - 1} + n \cdot \g{3}=\\ \g{\frac{1 + 2 \cdot 4^{m-n} - 3}{3}} + n \cdot \g{3}= \g{2\frac{ 4^{m-n} - 1}{3}} + n \cdot \g{3}= (m-n)i + n + n\i = n + m\i $$

Für $n>m$ gilt: $$ \g{\frac{4^n + 2 \cdot 4^m}{3} - 1} = \g{4^m\frac{4^{n-m} + 2}{3} - 1} = \g{\frac{ 4^{n-m} -1}{3}} + m \cdot \g{3}=\\ n - m + m + m\i= n+ m\i $$

$$\g{n}=z=\d{z}+\min\{z\}\cdot \g{3}$$

Formelsammlung